Grand Prix 2010: Rezensionen

Nachdem es lange keinen Grand Prix gegeben hatte, wurde 2010 von Max Kalus wieder einer organisiert. Sieben Beiträge gab es, das ist ganz ordentlich.

Ich hätte nicht gedacht, dass es einen T.A.G.-Beitrag geben würde, aber laut Hilfetext handelt es sich bei Mondbasis Palindrom II auch um ein fünf Jahre altes Spiel. Auch Floyd wurde wiederbelebt, diesmal als plattformunabhängiges Java-Programm. Die Syntax scheint aber noch im Wesentlichen die des alten Floyd zu sein. Drei Inform-Spiele gab es, davon nur eines, Ares, in Inform 7, dem Platzhirsch unter den Autorensystemen, geschrieben. Ich hätte mehr I7-Spiele erwartet.

Im Großen und Ganzen scheinen mir die Beiträge durchweg nicht fertig zu sein. Die Anfänge sind stark, danach lässt es nach: Zum Ende hin gibt es häufig einen abrupten Schluss, ein langes Gespräch statt einer interaktiven Szene, ungenau implementierte und unmotivierte Rätsel.

Die Bewertung ist mir schwer gefallen. Keines der Spiele hat mich so richtig vom Hocker gehauen. Andererseits war auch kein Spiel so richtig schlecht, vielleicht mit Ausnahme einiger wirrer Passagen des drakonischen Grinsens. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass Ares, die Absturzmomente und vielleicht auch die Hausaufgabebei einigen Juroren gut ankommen.

Die Kritiken im Einzelnen:

Absturzmomente

von Jörg Rosenbauer

Absturzmomente handelt von der zweiten Chance: Nachdem ich beim Klettern abgestürzt bin, bekomme ich von Gott – das Spiel nennt ihn politisch korrekt »Freund« – die Möglichkeit, weiterzuleben, indem ich einem anderen Menschen helfe: Ich muss verhindern, dass ein Mann seine Frau zu Tode prügelt. Dies ist die eigentliche Aufgabe des Spiels, sie wird wie ein großes Babelfisch-Rätsel gelöst: Ich schaue mir den Totschlag an, bemerke Details, drehe die Zeit mit einer mir mitgegebenen Sanduhr um, verändere die Umgebung, schaue mir die neue Version des Totschlags an, bemerke andere Details, und so weiter, bis die Frau lebend davonkommt.

Ich darf allerdings die Umgebung nur verändern, wenn die Zeit stillsteht. Wenn die Szene abläuft, bin ich passiv. Das scheint sinnvoll, auch wenn das Zeitparadoxon daurch nicht ganz gelöst wird – schließlich trage ich in guter Adventure-Manier zahlreiche Gegenstände von einem Ort zum anderen. Ganz konsistent ist auch die eingefrorene Zeit nicht: Der Fernseher zeigt nur ein Standbild, aber das Wasser im Bad fließt.

Letzten Endes kann ich den Tod der Frau verhindern – fürs Erste, denn der Mann sagt in der »guten« Schluss-Szene: »Hey, wir reden nachher nochmal in Ruhe darüber.« Um das zu erreichen, bin ich in eine Wohnung und in ein Kellerabteil eingebrochen. Im Hauptteil ist Absturzmomente ein klassisches Textadventure mit Zeitschleifen-Gimmick.

Die erste Szene, in der ich abstürze, ist pseudo-interaktiv – ich kann meinen Absturz nicht verhindern, auch wenn ich es versuchen kann. Das ist ganz gut gemacht, wäre aber ohne den etwas langen Einleitungstext noch besser.

Die zweite Szene, in der mir die zweite Chance angeboten wird, ist ebenfalls pseudo-interaktiv. Es gibt hier zwar zwei mögliche Enden, aber eine davon ist der Tod, der das Spiel beendet. Diese Szene, die im Himmel mit Wolken spielt, ist sehr langatmig. Zunächst muss ich mich orientieren, und kann eigentlich nur die Wolken bettrachten. Dann spricht mich der »Freund« an, ohne, dass ich ihn sehe. Dieses Gespräch wird mit einem Menü geführt. Der »Freund« ist leider sehr redselig und auch im Ton nicht ganz konsistent: Zum einen mahnt er, meine Seele nicht in einen schlechten Zustand zu bringen, zum anderen macht er recht flapsige Bemerkungen. Außerdem wird durch die Menüführung deutlich, dass das Gespräch linear ist, mit Ausnahme der Entscheidung zum Schluss. Vielleicht hätte man diese Szene straffen können, indem man die Entscheidung bildlich vornimmt – durch die Himmelspforte gehen oder die Sanduhr nehmen, etwas in der Art. Das klassische Bild des Himmels als Aufenthaltsort nach dem Tod wird ja schon hergenommen.

Auch der Handel selbst, also quasi die moralische Grundlage des Spiels, ist nicht ganz im Gleichgewicht: Die vorübergehende Rettung der Frau hat mit meinem Tod nichts zu tun, ich muss eigentlich auch nichts wieder gutmachen. Mein Absturz ist sinnlos, beeinträchtigt aber auch keinen anderen – ich habe mich als Freizeitsportler überschätzt, fertig. Vielleicht muss ich aber Sozialstunden leisten, weil ich mein Leben leichtfertig verschenkt habe, wer weiß.

Bewertung: Klassisches Adventure mit unstimmiger Rahmenhandlung – befriedigend

Ares

von Michael Baltes

Die erste Landung auf dem Mars endet wegen eines Sandsturms in einer Katastrophe. Als einziger Überlebender der Expeditions-Shuttles (und als erster Mensch, der den Mars betritt), muss ich dem Sturm trotzen, bis Verstärkung vom Mutterschiff kommt.

Da ist es praktisch, dass es eine Höhle zu erkunden gibt, die nicht bloß geologisch interessant ist, sondern Artefakte einer Hochkultur menschenähnlicher Wesen enthält. Der erste Teil von Ares spielt sich dann auch ein wenig wie die Erkundung einer ägyptischen Pyramide, Giftpfeile und durch Austarieren von Gewichten zu öffnende Tore inklusive. Das ist solide gemacht, auch wenn mich die Giftpfeile etwas unvorbereitet treffen, aber dank undo ist das ja nicht schlimm.

Dann finde ich einen geheimnisvollen Stein, der mir seinen Willen aufzwingt. Das Spiel wird zeitabhängig und die Implementierungstiefe lässt nach. Ich muss zurück zum Mutterschiff fliegen und möglichst vorher den Stein zerstören. Je nachdem, wieviel ich davon schaffe, gibt es ein anderes Ende. Das ist eigentlich gut gemacht, aber wie man den Stein zerstört, darauf wäre ich nie gekommen. (Die Lösung setzt voraus, dass der Stein sehen kann. Dass der Stein irgendwie Kräfte überträgt, vermutlich durch Berührung, das mag ja vielleicht noch angehen, aber ein sehender Stein?) Den Stein kann ich nicht mehr hinlegen, weil er sich meinem Willen widersetzt. Ich kann ihn aber in den Rucksack legen, den ich dann überall ablegen kann. Das ist kein Bug, sondern die Lösung zu einigen Problemen. Ich fühle mich dabei aber immer, als ob ich den Parser überlistet hätte.

Die Sache mit den verschiedenen Enden ist auch nicht ganz konsequent durchgezogen worden: Wenn ich den Stein vernichte, aber die Kamera in meinem Anzug nicht zerstöre, kann ich nicht starten: das Spiel hindert mich daran und sagt, ich solle die Kamera zerstören. Wieso wird hier nicht einfach eine andere, nicht optimale Endsequenz angezeigt? Ich lese sie, undo, dann probiere ich es noch einmal.

Sprachlich ist Ares oft zu wortreich und zu technisierend: »Der polygonale Steinblock weist eine achteckige Form auf«, heißt es, zum Beispiel, oder »Das Minilabor [...] beinhaltet [...] nur eine Notausstattung an Equipment«. Wieso nicht »Der Steinblock ist achteckig« oder »Das Minilabor hat nur eine Notaustattung«? Außerdem hat das Spiel ein wenig hilfreiches Hilfe-Menü, das mir sagt, was »einige Spiele« machen oder was »voraussichtlich standardmäßig berücksichtigt« wird. Ich will aber wissen, was dieses Spiel macht und was es berücksichtigt.

Alles in Allem ist Ares aber nicht so schlecht, wie ich es oben gemacht habe. Es ist ein solides Adventure-Spiel, das vielleicht durch die Rahmenhandlung der Mars-Mission, die »auf Fakten basiert«, wie uns der Hilfe-Text erzählt, etwas hoch aufgehängt wird.

Bewertung: Pyramidenerkundung auf dem Mars – befriedigend

Das drakonische Grinsen

von Maik Beta

Maik Beta ist ein unverbesserlicher Textadventure-Enthusiast. Er fasst den Begriff Textadventure allerdings sehr weit: Er ist der Autor von Allkrieg, einem trotz des drögen Titels schwungvollen T.A.G.-Adventure, das beim Grand Prix 2004 den zweiten Platz belegte, und dem doch sehr vom QBasic-Geist durchdrungenen Gejagt.

Das drakonische Grinsen ist ein QBasic-Spiel und ruft gemischte Gefühle hervor, was Story und Implementierung angeht. Das Spiel ist durchgehend als Multiple-Choice umgesetzt.

Inhaltlich macht das insgesamt recht kurze Spiel einige Sprünge: Man fängt als Patient in der Psychiatrie an. Das ist der stärkste Teil. Wenn Schwester und Psychiater vor dem Spieler, der vermeintlich nichts mitbekommt, ihre Sprüche machen, kann das schon ganz komisch sein. Aber der Plan ist gefasst: Ich will fliehen, und das ist einfach, denn die Optionen sind hier recht eindeutig. Wenn man einen falschen Zug macht, wird man mit Beruhigungsmitteln ins Bett gesteckt und kann am nächsten Tag von vorn beginnen. Das ist gut. Weniger gut ist, dass ich mich wahlweise zu einem Rachemord am Psychiater hinreißen lassen kann.

Nach meiner Flucht wird es dann wild: Unmotiviert werden nun Eregnisse ausgewürfelt, ich laufe in den Wald, bin ein Jungdrache vor meiner Feuerprobe, die Ereignisse überschlagen sich, bis ich in der Schlussszene an eine Bundesstraße stehe – ob als Drache oder als Patient der Psychiatrie, ist nicht ganz klar. Hier versucht das Spiel hartnäckig, mich zum Sebstmord zu überreden, und es gibt zwei Enden: Menschen sterben, Drachen nicht.

Gut, das mit den Drachen erklärt das »drakonisch« im Titel. Aber sonst bleibt die Szene als Drache doch sehr schwach. Die Fähigkeiten von mir und meinen Drachenfreunden werden angedeutet, aber es wird nichts damit gemacht. (Das wäre ja ein super Ansatz für Rätsel: Jeder Drache muss seine Fähigkeiten ausspielen.) Die Feuerprobe findet nicht statt, alles ist abgehackt und unfertig.

Bitte, Maik, mach mit deinen witzigen Sprüchen demnächst wieder ein Parser-Adventure. Ohne Würfel.

Bewertung: Im QBasic-Galopp durch eine sehr wirre Geschichte – ausreichend

Das Erbe

von Raimund Seisenberg

Das Erbe ist ein kurzes Spielchen: Der Spieler beerbt einen Onkel, den er nicht gut kannte, aber nur, wenn er eine Aufgabe lösen kann. Es muss ein Schatz gefunden werden im Haus des Verstorbenen, der dort Hinweise im Stil einer Schnitzeljagd hinterlassen hat. Dem Spieler steht der Hausdiener zur Seite, allerdings nicht unbedingt hilfreich.

Das Spiel ist nicht ganz ernst und wäre eigentlich auch dank der wenigen manipulierbaren Objekte schnell gelöst – wenn es da nicht Probleme mit dem Parser gäbe. Guess the verb tritt häufig auf, besonders bei den Aktionen, die die Schatzsuche weiterbringen. Ein Servierwagen kann mit »schiebe Wagen nach Norden« von Raum zu Raum geschoben werden. Allerdings muss man später auch Kohlen im Kamin beiseite schieben, was ich nur mit der exakten Syntax aus der Musterlösung geschafft habe. Wenn man den Satz unvollständig eingibt, wird gesagt, dass ich eine Richtung angeben soll. Der Satz heißt aber »schiebe Feuer mit Schwert weg«, also hilft mir das nicht. Einen steil nach unten führenden Schacht muss ich mit »steige in Schacht« betreten, »gehe in Schacht«, »betritt Schacht« oder »runter« funktionieren nicht.

Raimund Seisenberg, das vermute ich zumindest, hat mitgeholfen, Floyd 3 nach Java zu portieren. Leider ist das Erbe keine gute Visitenkarte für das System, auch wenn die Mängel im Parser vielleicht dem Autor, nicht dem System anzulasten sind.

Die Idee, das unbekannte Haus eines Erbonkels zu durchstöbern, ist nicht ganz neu. Etwas schade ist, dass das Haus, obwohl es doch ein »beeindruckender Sitz« ist, relativ klein und daher auch schnell erkundet ist. Schön ist es allerdings, dass es kein geheimes Labor gibt, von dem aus sich der Onkel in eine Parallelwelt begeben hat. Der Diener Alfred könnte zwar etwas tiefer implementiert sein, aber dass er den Erfolg des Spielers nur passiv beobachtet, ohne Hilfe zu geben, und nur eingreift, um die Regeln des Onkels durchzusetzen, ist eine gute Idee und erspart es dem Autor, eine aufwendige Konversation zu programmieren – und dem Spieler, sie sich anzuhören.

Bewertung: Schatz-, Sinn- und Wortschatzsuche – ausreichend

Ein Fall in Jashpur

von Oliver Berse

Ein englischer Kolonialbeamter muss in Indien einen Kriminalfall lösen. Das Setting ist ja mal sehr erfisrchend und es geht auch schon richtig gut los: Vor dem Hautpbahnhof in der Provinzstadt Jashpur kann ich einem Boy die Times of India abkaufen und mich von einem Fakir verzaubern lassen. Zum Tatort, dem Palast des Radschas, gelange ich per Elefant.

Im Palast verliert die Geschichte dann leider etwas an Schwung: Der Sohn des Radschas ist bedroht. Mir wird vom Radschah, von seiner zweiten Frau und deren Sohn Rao, von der Privatlehrerin, vom Hauptmann der Palastwache und vom britischen Repräsentanten in Jashpur der Tathergang eines Angriffs auf Rao geschildert. Ein Tiger wurde freigelassen und auf Rao angesetzt. Viele Spuren gibt es nicht: Die Bank, auf der Rao saß, gibt keine Aufschlüsse. Ich kann den Tigerkäfig mit dem geknackten Schloss nicht besichtigen, obwohl ich ein Glas mit schwarzem Schleim erhalte, der dort gefunden wurde. Die zahlreichen Personen sind zwar allesamt brav im Teesalon versammelt, geben aber nur spärlich Auskunft.

Im Wohntrakt kann ich nur die Räume der ersten, an Schwindsucht gestorbenen Frau des Radschas und den ihres ebenso betreits verstorbenen Sohnes besuchen. Dazu habe ich aber eigentlich keinen Grund, denn der Fall dreht sich ja um den zweiten Sohn, der einem Anschlag nur knapp entkam. Egal, denn nur hier geht es weiter: Ich finde ein Geheimfach und darin einen Brief und ein Buch über Kulte. Der Sohn des Radschas wurde natürlich vom Wiedergänger des verstorbenen ersten Sohnes bedroht. Die Story hängt – Cthulhu, übernehmen Sie.

Die erste Spur, die man mit dem neuen Wissen verfolgt, führt dann etwas abrupt zu einem guten oder schlechten Ende der Geschichte. (Oliver Berse gibt in seinen Musterlösungen aber gerne einen nicht optimalen Weg an. Vielleicht gibt es ein noch besseres Ende, das ich aber nicht gefunden habe. Die Gegenstände im Zimmer der Mutter haben mich jedenfalls nicht weitergebracht.)

Das Spiel ist solide, aber etwas unvollständig implementiert. Manchmal werden Dinge auf eine irreführende Art gelöst: Wenn ich dem Hund einen Gegenstand zeige, den er aufspüren soll, wird gesagt, dass er mit der Nase auf dem Boden die Duftspur sucht. Der Hund verfolgt die Spur erst, wenn ich sage »folge dem Hund«. Aber der Hund ist die ganze Zeit im Raum, ich kann ihm also eigentlich gar nicht folgen.

Die Spur führt zu einer besonderen Fliese auf einem gefliesten Boden. Wenn ich aber die Fliese untersuche, ist der Fliesenboden im Allgemeinen gemeint, der mich natürlich nicht besonders interessiert. Mit »nimm Fliese«, also einem anderen Verb, nicht einem anderen Hauptwort, wende ich mich dann der besonderen, vom Hund aufgespürten Fliese zu. Beide Fälle hätte ich anders implementiert.

Der Einstieg ist stimmungsvoll und detailreich. Der eigentliche Fall ist sehr dünn. Warum warten alle im Teezimmer? Kann ich die Personen nicht einzeln befragen, ohne dass alle zuhören? Da hätte der ein oder andere gewiss etwas Interessantes zu erzählen. Warum kann ich den Tigerkäfig nicht besichtigen und die Spur mit dem Schleim selbst finden? Warum finde ich keine Spuren bei der Bank am See? Warum gibt es keine Hinweise auf den Kult oder den Wiedergänger in den Büchern des Prinzen? Das sehr gute Potenzial der Geschichte wird leider verschenkt. Schade, denn der Stil des Spiels hat mir eigentlich sehr gefallen.

Bewertung: Anglo-indischer Krimi mit etwas abrupter okkulter Auflösung – befriedigend

Die Hausaufgabe

von Mischa Magyar

Als Student der Universität von Fontana muss ich eine Hausaufgabe über Marilyn Monroe schreiben, und dazu bereite ich (am helllichten Tag) eine spiritistische Sitzung vor. Da soll noch mal jemand sagen, die Studenten schreiben alles aus dem Internet ab.

Für die Sitzung benötige ich einige Requisiten, doch die sind schnell in meiner Bude zusamengesucht – klassische Adventurekost, aber im Großen und Ganzen gut umgesetzt. Es erscheint nicht wie erhofft der Geist von Marilyn Monroe, sondern der eines unbekannten Mädchens, das mich um Hilfe bittet. Das ist ebenso klassisch: Das anfängliche Ziel führt auf eine viel größere Aufgabe hin.

Leider wird das Spiel ab dort sehr konfus. Das Mädchen erzählt mir in einem menügesteuerten Gespräch ein Langes und ein Breites über ihre jetzige Lage. Das Gespräch ist nicht gut geführt – es lässt alte, eigentlich überflüssig gewordene Optionen nicht verschwinden – und ich habe zunächst nicht genau verstanden, was ich tun muss. Das errate ich eher, als ich vor die Tür meines Wohnheims trete, wo die Busfahrten zum Haus des Mädchens und zum Flughafen als mögliche Ausgänge angegeben werden.

Das Gefühl, dass ich Hindernisse nicht aus eigener Motivation überwinde, sondern weil sie da sind, habe ich öfters: Ich kann das Manuskript stehlen, also mache ich es. Ich habe bereits ein Cheerleader-Kostüm gefunden, also trete ich der Verbidnung bei.

Die Story selbst ist etwas whacky, aber in Ordnung. Man hätte das Ganze aber schon ein wenig spannender gestalten können. Der überlange Textdump des Gesprächs mit Mary-Lynn verrät zuviel: Ach, das Manuskript erzählt also, dass die Mondlandung nur gestellt war? Das kann man den Spieler doch später herausfinden lassen und muss es ihm nicht zu Beginn auf die Nase binden. Vielleicht hätte man den Spieler sogar selbst herausfinden lassen können, wer das Mädchen Mary-Lynn und ihr Opa sind und auch, wo genau Mary-Lynn gefangen gehalten wird.

Dass ich alles unternehme, um Mary-Lynn zu retten, ist ja klar, denn sie ist eine »wunderschöne Lichtgestalt mit langem, lockigen Haar«, und ich bin ein »ganz normaler Junge mit normalen Wünschen und Bedürfnissen« – inklusive des normalen Bedürfnisses, mit dem Geist von Marilyn Monroe zu sprechen. Sprachlich ist die Hausaufgabe manchmal etwas ungelenk und oft zu wortreich. Viele Passagen aus den Raumbeschreibungen wären besser in den Detailbeschreibungen der Objekte aufgehoben.

Die Grundidee des Spiels ist nicht verkehrt, aber durch die starke Linearität und die großen Textblöcke ist der Spieler wenig involviert.

Bewertung: Könnte ein schön verrücktes Rätselspiel sein, wenn es mehr Rätsel und weniger Gespräche gäbe – ausreichend

Mondbasis Palindrom II

von Christian Blümke

Ein fünf Jahre altes Spiel in T.A.G., einem schon sehr alten System, geschrieben, vermutlich ursprünglich als Übung, um sich mit dem System verrtaut zu machen. Das sind keine guten Zeichen.

Und doch macht Mondbasis Spaß. Es ist ein kurzes, eher sinnfreies Einraum-Spielchen, das hart am unteren Ende des Zeitlimits schrappt. Die Umgebung bietet genug, aber nicht zuviel. So gibt es immer etwas zu tun, man verliert aber nicht den Überblick. Die Texte sind meistens kurz, sagen aber genau, was passiert. Das automatische Untersuchen, wenn man einen noch nicht untersuchten Gegenstand aufhebt mag Chritian Blümke gerne, und es ist auch eine gute Idee, nur wenn beim Aufheben etwas Anderes passiert, kommt die Reihenfolge der Texte ab und zu durcheinander, etwa bei der Plastikkarte.

Das der Mondbasis den Namen gebende Palindrom hat dann auch noch (neben kurzen Gastspielen bei diversen Namen im Spiel einen) einen Auftritt im letzten Rätsel. Schade allerdings, dass man das eigentlich aus zwei Wörtern bestehende Passwort dem Computer einfach so und als ein Wort sagen muss, die Lösung auf dem Zettel mit den sechs Sternchen ist eher eine Krücke. Der palindromische Satz auf dem Zettel ließe sich ja tatsächlich als Befehlsfolge in einem Textadventure implementieren.

Gut, Mondbasis ist kein Spiel, das ich noch einmal durchspielen möchte, und vermutlich auch keins, das mich lange beschäftigen wird. Es ist aber eine flotte Unterhaltung für einige Minuten.

Bewertung: Es lebe Palindrom II – gut